Jetzt sind ungefähr 24 Stunden her, seitdem ich über Twitter die ersten Hinweise auf die Entlassung von Verbeek mitbekommen habe. Seit Montag konnte man zwar damit rechnen, überrascht hat es mich dann trotzdem. Überrascht in der Geschwindigkeit und auch der Heftigkeit der, sagen wir mal, Vorwürfe im Artikel der NZ. Seitdem mischen sich, oder besser, wechseln die verschiedensten Gefühle in mir, die Gedanken kreisen wild in meinem Hirn.
Hin- und hergerissen zwischen einer Traurigkeit um den Verlust eines, man kann sagen, besonderen Trainers und der Hoffnung, dass es nun mit dem Klassenerhalt nun doch noch etwas werden könnte. Dies alles muss raus aus meinem Kopf, es ist kein Platz mehr. Willkommen beim Ausfluss meiner Gedanken!
Spätestens nach dem Wolfsburgspiel, im Grunde schon vorher, hatte ich die Hoffnung auf den Klassenerhalt aufgegeben. Der Mannschaft wollte ich keinen Vorwurf machen. Die Rumpftruppe, die da auf dem Platz stand kann es eben nicht besser. Und doch hat sie in der Hinrunde gezeigt, zu was sie in der Lage ist. Freilich waren da noch wichtige Spieler an Bord, die Umsetzung des verbeekschen Fußballs dadurch einfacher zu gestalten. In manchen Spielen war ich schlichtweg begeistert, wie schön offensiver Fußball sein kann. Dies ist das Verdienst von Gerjan Verbeek, der es in kurzer Zeit geschafft hat, dieses Potential zu wecken. Ich konnte mich zwar durchaus in der Hecking-Ära an den Ergebnissen erfreuen, sogar einen gewissen Genuss an der „Wir müssen unangenehm sein Taktik“ empfinden, aber es macht eben verdammt noch mal mehr Spaß das Vielfache an Torchancen in einem Spiel zu kreieren, bei jedem erfolgversprechenden Torchance die Hände zu heben, auch wenn man sie dann des Öfteren auch mal wieder sinken lassen muss, um dann mit dem Fuß vor Ärger auf dem Boden zu stampfen und den Dreckspfosten zu verfluchen. Ja, man kann sagen, Verbeek hat mir, mit seiner Art Fußball spielen zu lassen, viel Freude bereitet.
Ob die vielen Alutreffer nun Pech oder Unvermögen sind, darüber kann man trefflich streiten, wäre der eine oder andere Ball drin gewesen, hätte man hier und da mit Schiedsrichterentscheidungen mehr Glück gehabt, dann würde ich das jetzt hier nicht alles schreiben müssen, wäre der Holländer auch noch unser Trainer. Was mir aber unabhängig von Ergebnissen klar wurde: In dieser Mannschaft steckt Potential, die Mannschaft ist in Summe nicht schlecht zusammengestellt und ich will wieder mehr offensiven Fußball sehen!
Auch die sogenannte Fachpresse war begeistert, Medien hingerissen, unser Holländer als Glücksfall für den Verein bezeichnet. Die Anhänger hatten sehr schnell Vertrauen in ihn. Der Glubb hatte bundesweit ein positives Image wie lange nicht mehr!
Für all das bin ich Gertjan Verbeek dankbar. Deswegen war ich gestern auch zunächst sehr schockiert, als die Meldung über die bevorstehende Beurlaubung kam.
Ich habe oben bereits erwähnt, dass mich der Artikel der NZ überrascht hat. Vielleicht mag es mir in den letzten Wochen entgangen sein, aber die Gründe für die Entlassung die da plötzlich angeführt wurden, haben mich erstaunt. Ist das, wenn es denn stimmt, den erst in den letzten beiden Tagen der Vereinsführung und den Medien aufgefallen? Wenn ja, wie kann so was dann passieren? Oder gärt das schon länger? Was die Vereinsführung betrifft, so ist es eher positiv zu werten, dass davon nichts nach außen drang, dann aber wurde zu spät gehandelt!
Die Medien, im konkreten Fall die NZ, wirken auf mich dann aber eher so, als wurde mit der Zündung der vollen Breitseite solange gewartet, um den richtigen Zeitpunkt für den Gnadenschuss abzuwarten. Gut, ich und alle anderen Anhänger kennen keine Interna, deswegen will ich mich hier auch nicht zu weit aus dem Fenster lehnen, aber für mich passt das alles nicht zusammen.
Die Mannschaft? Wenn Verbeek so ein Tyrann ist, der ein „Klima der Angst“ verbreitet, warum kommen die Beschwerden erst jetzt? Auch hier passt das Bild nicht, das bisher nach außen abgegeben wurde. Man muss nur an die Ein-/Auswechslung von Timo Gebhart in Augsburg denken. Timo wurde vom Trainer nicht öffentlich an die Wand genagelt. Im Gegenteil, Verbeek nahm seinen Spieler in Schutz! Angha, dem ich wirklich nichts Böses will, hat in der Mehrzahl eher bescheidene Spiele geliefert, war schlichtweg überfordert. Das ist für einen jungen, unerfahrenen Spieler auch erst mal nichts Schlimmes. Verbeek hat ihn aber trotzdem konsequent immer wieder auflaufen lassen. Für mich passt das alles nicht so recht, aber wie schon erwähnt, ich kenne keine Interna, möchte das nicht als Anschuldigung verstanden wissen, ich verstehe alles nur nicht wirklich.
So sehr ich Verbeek als Typen mag, die Hoffnung auf den Klassenerhalt hatte ich bereits aufgegeben, zu harmlos waren die letzten Auftritte. Ich konnte mich mit der Begründung, das Verletzungspech, arrangieren, hatte die Hoffnung auf einen Neuaufbau in der zweiten Liga.
Dennoch, ein Abstieg ist schlichtweg eine wirtschaftliche Katastrophe, die uns auch sportlich um Jahre zurückwirft. Der Abstieg 2008 hat, wenn ich das richtig in Erinnerung habe, 8 Millionen gekostet, der Verein, nach dem Pokalsieg schuldenfrei, war nach dem Wiederaufstieg so knapp bei Kasse, dass wir eine ganze Zeit lang mit einer „Leasingmannschaft“ spielen und eigene Talente verkaufen mussten. Erst in den letzten beiden Spielzeiten konnten wir die eine oder andere Million investieren. Dieses Szenario wird uns sehr wahrscheinlich wieder bevorstehen, mal abgesehen davon, dass ein Wiederaufstieg alles andere als garantiert ist. Zudem haben ein paar Spieler keinen Zweitligavertrag, können wahrscheinlich ablösefrei, oder wie im Fall Drmic günstigst gehen. Mit dem Differenzbetrag, den man bei Klassenerhalt für den Schweizer zusätzlich erhalten würde und den obigen „Abstiegskosten“ allein könnte kann man schon ein paar gute Erstliagspieler verpflichten.
Deswegen kann mein Verstand es nachvollziehen, dass Bader zum allerletzten Strohalm greift, um den Klassenerhalt zu schaffen. Und nochmal: Ein Wiederaufstieg, wann auch immer, ist nicht garantiert! So sehr ich Verbeek mag, ich selber hätte keinen einzigen Euro mehr auf ein weiteres Jahr erste Liga gewettet, hätte der Glubb so weiter gespielt wie in den letzten Partien. Die Spieler, die seinen Fußball umzusetzen in der Lage sind, sind gerade unpässlich und uns gehen die Spieltage aus! Die Taktik mochte er wohl nicht ändern, passende Spieler kann man nicht verpflichten. Will man also etwas ändern, dann muss man den Übungsleiter wechseln. Kurzfristig gibt es keine andere Stellschraube. Ich mag mich gerade selber nicht, ob dieser Aussage, aber hier spricht der Analytiker aus mir.
Ob der Wechsel etwas, also den Klassenerhalt bringt, werden die nächsten Wochen zeigen.
Gertjan Verbeek war in vielerlei Hinsicht ein besonderer Trainer unseres Glubbs. Es ist wahnsinnig schade, dass er gehen muss. Und die Wut, der Ärger, die Traurigkeit, die Enttäuschung, dieser ganze Gefühlsmischmasch sind wieder da, aber mein Hirn ist jetzt erst mal wieder frei…
Noch etwas in eigner Sache, da ich heute auf Twitter dahingehend angesprochen wurde: Unter dem Pseudonym „Glubberer69“ kommentieren und produzieren sich anscheinend mehrere Personen in diversen Foren und bei der NN/NZ. Mit diesen Personen habe ich nichts zu tun! Um meine mehr oder weniger sinnvollen bzw. -freien Kommentare und geistigen Ergüsse abzusondern, habe ich dieses Blog und den Twitteraccount (@glubberer69). Lediglich bei den überaus geschätzten Kollegen von Clubfans-United habe ich zudem gelegentlich unter diesem Pseudonym kommentiert.